Bildung und Schule

Butterfly Daycares: Kindertagesstätten in Mymensingh
Kooperation mit der Caritas Schweiz

Als Bashona ungeplant das dritte Kind bekam, musste sie ihre Arbeitstelle in einem Haushalt in Mymensingh aufgeben, da sie das Baby nicht mit zur Arbeit bringen konnte. Nun fehlte aber ihr Einkommen, denn ihr Mann verdiente als Schuhmacher kaum genug zum Überleben. Dann wurde auch noch das Baby krank und musste ins Krankenhaus. Also entschied Bashona, dass ihre älteste Tochter die Schule abbrechen würde, um zu Hause beim Baby zu bleiben, während sie wieder arbeiten ging. Vor diesem Dilemma stehen viele Mütter aus den ärmsten Familien in Mymensingh: Oft sind sie vom Land in die Stadt abgewandert und verfügen dort nicht über das soziale Netzwerk der Großfamilie, die die Kinderbetreuung regelt. Die Frauen müssen arbeiten, um ihren Familien das Überleben zu sichern. Entweder werden die Kinder sich selbst überlassen, während die Mütter außer Haus sind, oder eine ältere Tochter kann ihre Schulausbildung nicht fertig machen, da sie sich stattdessen um die jüngeren Geschwister kümmern muss. Mädchen, die selbst nicht zur Schule gehen konnten, werden oft bereits im Teenager-Alter die Mütter der nächsten Generation in Armut.



MATI hat in der Stadt Mymensingh nun seit 2015 gemeinsam mit der Caritas Schweiz und Caritas Luxemburg (Förderung bis Juli 2018) sehr erfolgreich acht Kindergärten aufgebaut, die Kinder aus den städtischen Slums nicht nur einen sicheren Ort bieten, an dem sie Kind sein können, während ihre Mütter arbeiten, sondern auch dabei helfen, Entwicklungsdefizite, die sie aufgrund der Armut erleiden, auszugleichen. So werden sie auf den Übertritt in die Regelschule vorbereitet. Das Konzept dazu nennt sich Essence of Learning, was man mit Das Wesen des Lernens übersetzen könnte. Es wurde von der Schweizer Expertin für frühkindliche Entwicklung Beatrice Rutishauser Ramm entwickelt, die diesen Ansatz seit vielen Jahren in diversen Krisenländern der Welt an lokales Personal weitervermittelt. Der Kerngedanke ist, dass wenn Kinder in der Kindheit aufgrund externer Faktoren (Krieg, Armut, Flucht, etc.) nicht durchs Spielen bestimmte Entwicklungsschritte vollziehen konnten, sie später in der der Schule nicht lernen können, weil ihr Gehirn die dazu benötigten Verknüpfungen nicht bilden konnte. Daher muss Kindern ermöglicht werden, dass sie ihrem Entwicklungsstand gemäß sich adäquat spielerisch betätigen können und verlorene Entwicklungssprünge nachholen können.



Jeder Kindergarten bietet Platz für zwanzig Kinder im Alter von eins bis sechs Jahren. Die Betreuerinnen werden von der Caritas geschult. Die gemieteten Räume sind kindergerecht ausgestattet. Es gibt z.B. Holztische die so niedrig sind, dass die Kinder zum Malen auf dem Boden sitzend an ihnen arbeiten können, die aber auch, wenn Platz für den Singkreis oder Bewegungsspiele gebraucht wird, einfach in einer Ecke übereinander gestapelt werden können. Die MATI Schreinerei hat Sets von Bauklötzen und Holztieren angefertigt, und die Näherinnen haben Puppen aus Stoff hergestellt. Teil des Konzepts ist auch, dass alles Material möglichst lokal verfügbar und kostengünstig ist, denn der Kindergarten soll nicht ein teurer Ort sein, sondern an die Verhältnisse zu Hause angepasst. Daher wird auch viel mit Recyclingmaterial gearbeitet und die Eltern helfen mit, dieses zu sammeln. Dies ist ihr Beitrag zur Bildung ihrer Kinder, neben einer kleinen Monatsgebühr, die ihrem Einkommen angepasst wurde.



Die Betreuerinnen sind junge Frauen aus den Vierteln, aus denen auch die Kinder kommen, die sie betreuen. So kennen sie die Familien und die Probleme, mit denen sie tagtäglich zu kämpfen haben. Gleichzeitig bieten die Kindergärten solchen jungen Frauen eben die Möglichkeit eine qualifizierte Ausbildung zu machen und so ein regelmässiges Einkommen zu verdienen, womit sie ihre eigene Familie unterstützen können. Die Ausbildung besteht aus einem 4-tägigen Theorie-Kurs, an den sich eine 3-monatige Praxis-Phase in einem bereits bestehenden Kindergarten anschliesst.



Die Kinder verbringen an 6 Tagen jeweils bis zu acht Stunden in der Gruppe. Sie werden morgens von ihren Müttern gebracht. Der Tag in der Gruppe beginnt mit einem Morgenkreis mit der Begrüßung jedes einzelnen Kindes. Im Anschluss werden gemeinsam Lieder gesungen und mit kleinen Bewegungsspielen verknüpft, die zur allgemeinen Körperwahrnehmung und Erlernen eines Körpergefühls beitragen. Daran schließt sich dann das jeweilige kreative Tagesprogramm an, das im Kontext eines Wochenthemas steht und sich am Rhythmus der Jahreszeiten und einheimischen Feste und Traditionen orientiert. Für den Übergang in die Grundschule Anfang Januar lernen die großen Kinder natürlich auch das Alphabet, aber eben erst, nachdem sie sich spielerisch darauf vorbereitet haben. Zählen und kleine Rechenaufgaben können die Kinder auch problemlos lösen, schließlich spielen sie oft Einkaufen auf dem Markt.



Alle Kinder der MATI Kindergärten schaffen mit 6 Jahren problemlos den Übergang in die staatliche Grundschule und bekommen von den Lehrerinnen dort bescheinigt, was Verständnis, Konzentration und Disziplin anbelangt, ihren Altersgenossen voraus zu sein.



Langfristig plant MATI, bis Mitte 2021 eine offizielle Registrierung der Betreuerinnen-Ausbildung bei der bengalischen Regierung zu erreichen, was den Wert der Ausbildung für die Auszubildenden deutlich steigern würde. Zudem soll mit dem Konzept der Tagespflege (Homecare) experimentiert werden, um dezentral Kosten zu senken und weitere Arbeitslätze direkt in den betroffenen Communities zu schaffen. Gleichzeitig arbeiten wir daran, dass die bengalische Regierung ihrer Verpflichtung nachkommt, arbeitende Mütter besser zu unterstützen, indem sie sich an der Finanzierung für die Kindergärten beteiligt. Das Resultat dieses Prozesses ist aber ungewiss. Derzeit unterhält MATI acht Kindergärten in Mymensingh, sowie drei in den umliegenden Dörfern, einer davon konzentriert sich auf Kinder mit Behinderungen - der in Huzurikanda.

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